Festival-BerlinLusofonia: Sommer-Open-Air-Festival in Berlin
24. Juli 2014
Für Abba begann 1974 mit ihrem Sieg beim Grand Prix d’Eurovision mit dem Song „Waterloo“ eine Weltkarriere. Der portugiesische Sänger Paulo de Carvalho musste sich beim selben Wettbewerb mit seinem Song „E depois do adeus“ zusammen mit der „Sommermelodie“ des deutschen Duos Cindy & Bert Platz 14 teilen. Dennoch löste er eine Revolution aus: „E depois do adeus“ wurde vom Sender Rádio Clube Português am Abend des 24. April 1974 als erstes Signal an die aufständischen Teile der portugiesischen Armee ausgestrahlt, wenige Stunden später folgte Zeca Afonsos „Grândola, vila morena“ – und die „Nelkenrevolution“ nahm ihren Verlauf. In der direkten Folge stürzten nicht nur die Diktaturen in Spanien und Griechenland, sondern Angola, Mosambik, Guinea-Bissau, die Kapverdischen Inseln und São Tomé und Principe wurden aus der Kolonialherrschaft entlassen.
40 Jahre sind seitdem vergangen und WASSERMUSIK nimmt das zum Anlass zu schauen, welche Musik in der portugiesischsprachigen Welt heutzutage spielt. Ist es immer noch Brasilien, das den Ton angibt, oder haben Angola und Mosambik mittlerweile aufgeholt? Was ist aus dem musikalischen Boom auf den Kapverden geworden, den Cesária Évora auslöste? Und wie hat Portugal selbst den Zeitenwandel verarbeitet?
Die Verflechtungen der lusophonen Welt
Diese Fragen beantworten einerseits alte Legenden wie der portugiesische Singer/ Songwriter Fausto Bordalo Dias oder die Conjunto Angola 70, andererseits neue Namen wie Cabo Snoop aus Angola und Fachada aus Portugal, außerdem Weltstars wie der Brasilianer Lenine oder – zur Eröffnung – die Kapverdianerin Mayra Andrade.
Das diesjährige Wassermusik-Filmprogramm zeigt Musikfilme und Musikdokumentationen, die sich direkt auf die Bands oder den Musikstil der Konzerte beziehen, sowie Spielfilme, die den Verflechtungen der lusophonen Welt nachspüren.
Maya Andrade
Auf dem Hintergrund ihrer afrikanisch geprägten Geburtsinsel Santiago lässt die Sängerin Reggae, Son, Chanson, Bossa Nova und Flamenco Verbindungen mit den Rhythmen, Melodien und Geschichten der kapverdischen Inseln eingehen.
Fast jede kapverdische Sängerin muss sich an Cesária Évora messen lassen. Die erst 29-jährige Mayra Andrade schneidet dabei gut ab – nicht zuletzt weil sie niemals an die große kapverdische Diva erinnerte. Vielleicht liegt das auch an ihrer internationalen Kindheit, so ist die Weltläufigkeit ihrer Musik eingeschrieben: Reggae, Son, Chanson, Bossa Nova und Flamenco gehen Verbindungen mit den Rhythmen, Melodien und Geschichten der kapverdischen Inseln ein. Dabei hat jedes Eiland seinen eigenen Sound: Mayra Andrade, die von der – afrikanisch geprägten – Insel Santiago stammt, lässt diese reiche musikalische Landkarte auf internationalem Niveau erklingen und hat dabei mit Koryphäen wie Orlando Pantera, Idan Raichel, Benjamin Biolay oder dem Trio Mocotó zusammengearbeitet. Soeben erschien ihr viertes Album, das genau so heißt und klingt, wie ein Freund sie einmal nannte. „Lovely Difficult.
Lenine
Gemeinsam über den Ozean. Zum Programm „The Bridge“ hat sich der brasilianische Singer/Songwriter und Gitarrist Lenine, fünf Grammys und 30 Jahre Karriere, mit Bandleader Martin Fondse zusammengetan, der 2012 mit seinem Orchester den Dutch Edison Preis gewann. Zwei Brücken – die Maurício de Nassau Bridge in Recife, und die Amstelbrücke in Amsterdam – und der Song “A ponte” inspirierten das Programm des brasilianischen Singer/Songwriters, Gitarristen, Arrangeurs und Produzenten Lenine und des niederländischen Orchestermeisters Martin Fondse. Gemeinsam überspannen sie den Ozean. “A ponte” ist nur einer von über 500 aus dem Katalog des 1959 in Recife geborenen Lenine.
Norberto Lobo
Seine Musik gehört keiner Schule an, er fliegt mit seiner Gitarre durch Zeit und Raum – geprägt von der Bossa Nova, berührt er Bluegrass Jazz ebenso wie British Folk oder Tamburaspiel. Zahlreiche Heldengeschichten zwischen Brasilien und Portugal wurden mit der Gitarre geschrieben, von Baden Powell bis Carlos Paredes. Mit dem jungen Portugiesen Norberto Lobo wird ein neues Kapitel aufgeschlagen. Lobo, Jahrgang 1982, besuchte keine Musikhochschule, und seine Musik gehört auch keiner Schule an. Aber sie fliegt geradezu durch die Historie, ist zutiefst geprägt von der Bossa Nova, zehrt aber auch von Bluegrass, Jazz, British Folk, der „New Primitive“-Schule um John Fahey oder der atonalen Klang-Ästhetik der Neuen Musik.